Die Wichtigkeit von Darmbakterien
28.06.2020 | Jennifer
Wer hätte gedacht, dass wir die ganze Zeit Billionen von Bakterien mit und in uns herumtransportieren. Oder, dass diese Bakterien nicht nur unsere Gesundheit fördern, sondern sogar lebenswichtig für uns sind.
Der Darm rückt immer mehr in das Zentrum der Aufmerksamkeit, wenn es um unsere Gesundheit geht. Der Darm ist ein komplexes Organ und steht in enger Verbindung mit unserem gesamten Organismus. Dank seiner Arbeit bekommen wir alles was nötig ist, um nicht nur satt, sondern auch gesund zu bleiben. Es verwundert daher wenig, dass die “Darmflora” und die darin lebenden “Darmbakterien” in den Fokus rücken, wenn es um unser Wohlbefinden geht.
Was sind Darmbakterien?
Um die Komplexität unseres Darms besser zu verstehen, kann man die Darmflora durchaus mit einem Garten vergleichen. Wobei unsere Verdauung bereits im Mund beginnt. Der Mund ist die Pforte und die Speiseröhre der Gang zu unserm inneren Garten, dem Darm. Unser Essen bildet die Erde und den Dünger der im Garten verteilt ist.In dieser Erde wachsen verschiedene Pflanzen. Manche sind Unkraut, manche sind so klein und unbedeutend, dass man sie gar nicht bemerkt und andere möchte man gerne in seinem Garten haben, weil sie schön sind, oder einen Nutzen haben. All diese Pflanzen bilden die Darmflora. Die Darmflora besteht größtenteils aus einer Mischung von Bakterien (den Darmbakterien), Hefen und Archaea (ganz alte einzellige Organismen). Wie jeder Garten wird auch unsere Darmflora hin und wieder von Ungeziefer befallen – das sind zum Beispiel Parasiten oder Infekte. Die menschlichen Darmgärten haben eine unglaubliche Diversität. Wissenschaftler haben über Tausend verschiedene Bakterienspezies identifiziert, und die meisten Menschen haben um die 160 verschiedenen Spezies in sich [3].
Was machen Darmbakterien?
Unsere Darmbakterien leben in enger Symbiose mit uns. Unser Organismus bietet den Bakterien eine sichere Heimat und Nahrung, im Gegenzug helfen sie uns dabei viele Dinge in Ordnung zu halten:
- unser Immunsystem zu regulieren [1]
- problemlos zu verdauen [1]
- Nährstoffe von Nahrungsmitteln aufzunehmen (manche Nährstoffe wie Vitamin K werden sogar von - - unserer Darmflora produziert) [1]
- nicht von Parasiten und anderen Infektionen kolonisiert zu werden [1]
- nicht von schädlichen Bakterien kolonisiert zu werden [1,3]
- eine gesunde Darmschleimhaut zu bewahren [2]
- Gallensäure abzubauen (was Durchfall verhindert) [1]
- Medikamente und Hormone wieder aus unserem System auszuscheiden [1]
Fun Fact: Deine Darmbakterien stoßen auch Pheromone aus und es gibt Studien die zeigen, dass Menschen mit kompatibler Darmflora sich zueinander hingezogen fühlen [15].
Da unser System komplex ist, spielen viele Faktoren eine Rolle für das Gleichgewicht der Darmflora. Unsere genetische Veranlagung spielt dabei ebenso eine Rolle, wie Einflüsse von außen, zum Beispiel Stress. Gerät das sensible Gleichgewicht aus dem Lot, können Bakterien die Gesundheit auch negativ beeinflussen. Manche Bakterien können sogar in direkte Verbindung mit bestimmten Krankheiten gebracht werden:
- Rheumatoide Arthrose --> Proteus mirabilis [4]
- Spondylitis Ankylosans --> Klebsiella pneumoniae [5]
- Verstopfung --> Staphylococcus aureus [6]
- Fettleibigkeit --> Firmicutes Bakterien [7]
- Acne --> Clostridia [8]
- Blähungen und Blähbauch --> Bilophila wadsworthia [9]
(Dies sind nur einige Beispiele)
Kommen wir zurück auf das Bild vom Garten. Rosen duften und sind wunderschön anzusehen, doch ein Garten der völlig von Rosen überwuchert ist, ist für anderes nicht nutzbar. Dort wachsen weder Obst noch Gemüse. Ebenso verhält es sich mit unserem Darm.
Mittlerweile weiß man, dass Menschen, die eine diverse Darmflora haben gesünder sind als Menschen deren Flora weniger vielfältig ist [10]. Studien haben sogar gezeigt, dass Menschen mit psychologischen oder neurologischen Krankheiten ein messbar anderes Darmfloramuster haben als Menschen ohne diese Krankheiten [11]. Nachweisen konnte man dies zum Beispiel bei Patienten mit Depressionen [10], Parkinsons und Demenz [11].
Wie weiß ich was ich für Darmbakterien habe?
Darmpflege dank Prä- und Probiotika:
Wer seinen Darm gesund halten und pflegen möchte kann auf Prä- und Probiotika zugreifen. Präbiotika sind Nahrung für die Darmbakterien. Sie fördern unsere Gesundheit [12] und sind leicht in die gewohnte Ernährung zu integrieren. Ein gutes Beispiel für ein präbiotisches Lebensmittel sind zum Beispiel Ballaststoffe. Sie bilden die Lebensgrundlage für Probiotika. Probiotika sind Mikroorganismen, die in genügenden Mengen einen messbaren positiven Effekt auf die Gesundheit haben [12]. Diese gibt kann man als Nahrungsergänzungsmittel kaufen. Doch Probiotika haben auf jeden Menschen eine andere Wirkung [13]. Wie man auf bestimmte Bakterien reagiert hängt ganz davon ab, welche Bakterien bereits im Organismus vorhanden sind, welche genetische Veranlagung vorliegt, wie alt man ist und wie es um die Gesundheit bestellt ist [13]. Ob Probiotika wirken, hängt auch davon ab, ob man genügend präbiotische Nahrungsmittel zu sich nimmt. Daher ist es ratsam einem Ernährungstherapeuten oder Arzt zu Rat zu ziehen, wenn man Probiotika auswählt. Lactobacillus bifidum zum Beispiel kann die Symptome von Rheumatoider Arthrose verschlimmern [5], obwohl es normalerweise eine hilfreiche Spezies ist.
5 Experten-Tipps für dein Bauchgefühl
1. Regenbogen
Iss jeden Tag ein Gemüse oder Obst in jeder Farbe des Regenbogens. Eine gute Daumenregel ist, dass jede Farbe eine gute Bakterienspezies füttert. Desto mehr Farben du isst, desto mehr gute Spezies fütterst du.
2. Mach Esspausen
Deine guten Bakterien haben einen natürlichen Rhythmus – Tags sind sie Aktiv und nachts ruhen sie aus. Das heißt nächtliches Essen stresst sie und wird schlechter verdaut.
3. Bewegung
Studien zeigen, dass Bewegung und Zeit in der Natur ein ausgewogenes Mikrobiom fördern.
4. Omega-3
Studien zeigen, dass Omega-3 (von öligem Fisch, Walnüssen, Chiasamen oder Leinsamen) ein ausgewogenes Mikrobiom fördert und entzündungshemmend auf den Darm wirkt.
5. Stress Management
Studien zeigen das unser Stress auch das Mikrobiom stresst. Desto mehr Zeit wir für Ruhe, tiefes Atmen, guten Schlaf, Bewegung, gute Beziehungen und Zeit in der Natur haben, desto besser für unser Mikrobiom.
Literatur
[1] Quigley, E.M., 2013. Gut bacteria in health and disease. Gastroenterology & hepatology, 9(9), p.560.
[2] Harvard Men’s Health Watch. 2016. Accessed online June 2020. https://www.health.harvard.edu/staying-healthy/can-gut-bacteria-improve-your-health
[3] Lyu, Q. and Hsu, C.C., 2018. Can diet influence our health by altering intestinal microbiota-derived fecal metabolites?. Msystems, 3(2).
[4] Christopoulos, G., Christopoulou, V., Routsias, J.G., Babionitakis, A., Antoniadis, C. and Vaiopoulos, G., 2017. Greek rheumatoid arthritis patients have elevated levels of antibodies against antigens from Proteus mirabilis. Clinical rheumatology, 36(3), pp.527-535.
[5] Rosenbaum, J.T. and Davey, M.P., 2011. Time for a gut check: evidence for the hypothesis that HLA–B27 predisposes to ankylosing spondylitis by altering the microbiome. Arthritis & Rheumatism, 63(11), pp.3195-3198.
[6] Ohkusa, T., Koido, S., Nishikawa, Y. and Sato, N., 2019. Gut microbiota and chronic constipation: a review and update. Frontiers in medicine, 6, p.19.
[7] Compare, D., Rocco, A., Zamparelli, M.S. and Nardone, G., 2016. The gut bacteria-driven obesity development. Digestive Diseases, 34(3), pp.221-229.
[8] Deng, Y., Wang, H., Zhou, J., Mou, Y., Wang, G. and Xiong, X., 2018. Patients with acne vulgaris have a distinct gut microbiota in comparison with healthy controls. Acta dermato-venereologica, 98(7-8), pp.783-790.